Die geophysikalische Prospektion im März 2006

Messvorgang mittels Traktor
Meßvorgang mittels Traktor und Meßapparatur der Geophysiker
Geomagnetik-Übersicht 2005/2006
Geomagnetik-Übersicht 2005/2006

Bei den großflächigen geomagnetischen Messungen im März 2006 konnten durch Dr. H. Stümpel vom Institut für Geowissenschaften der Christian-Albrechts-Universität Kiel und seine Mitarbeiter E. Erkul, T. Wunderlich und C. Podolski insgesamt 45,5 ha Fläche untersucht werden. An drei Stellen finden sich auffällige Konzentrationen von jeweils ca. 50-100 Anomalien. Die dadurch gekennzeichneten Areale haben Ausdehnungen bis 150x100m. Zwischen den Anomalien lassen sich auch lineare Strukturen erkennen, die vorläufig als Wege oder Gräben gedeutet werden. Eine Konzentration von Anomalien scheint aufgrund von Keramikfunden auf dem Acker in der unmittelbaren Umgebung mit Siedlungsaktivitäten des 11. und 12. Jh. n. Chr. in Zusammenhang zu stehen. Diese Zeitstellung wird durch C14-Datierungen bestätigt.

Die Bohrungen in einigen besonders großen Objekten lassen erkennen, daß auch hier mit insgesamt guten Erhaltungsbedingungen für archäologische Befunde zu rechnen ist. In mehreren Bohrungen wurden Knochenmaterial und Keramikreste beobachtet.

Für die beiden anderen Konzentrationen liegen noch keine Hinweise zur Zeitstellung vor. Auch hier ist durch Bohrungen aber nachgewiesen, dass es sich um intentionell von Menschenhand angelegte Gruben oder Objekte handelt.

Als besondere Fragestellung wurde die geologische Situation in der Umgebung des Gräberfeldes durch Bohrungen näher untersucht. Die von den Geologen O. Jakobsen (Natur-Erlebnis-Zentrum Maasholm) und S. Pahl gewonnenen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die ehemalige Küstenlinie des Kurischen Haffes doch in weiterer Entfernung zum Gräberfeld gelegen haben muss als bisher angenommen. Dennoch konnte in etwa 1km Entfernung im Osten von Wiskiauten nachgewiesen werden, dass hier über längere Zeit - durch mehrere Verlandungsphasen unterbrochen - eine größere offene Wasserfläche bestanden hat.

Im Norden der Untersuchungsflächen wurde nur das 30 bis 60m breite Urstromtal des heute wesentlich kleineren Flusses Brast dokumentiert, der damit durchaus für wikingerzeitliche Schifffahrt in Frage kommt.

Dadurch ergeben sich für die Suche nach Hafenanlagen oder Anlegestellen der vermutlich über den Wasserweg an das wikingerzeitliche Handelsnetzwerk der Ostsee angebundenen Siedlung neue Hinweise, die bei zukünftigen Forschungen mitberücksichtigt werden können.

Die Ausgrabungen im Sommer 2006

Vom 27. Juli bis 8. September führte das Archäologische Landesmuseum Schleswig (Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf) gemeinsam mit der Baltischen Expedition des Institutes für Archäologie der Russischen Akademie der Wissenschaften unter Leitung von V. I. Kulakov (Moskau/Kaliningrad) und T. Ibsen (Schleswig) Ausgrabungen auf dem Gelände der Siedlung von Wiskiauten durch. Finanziell ermöglicht wurde das Projekt von der Römisch-Germanischen Kommission Frankfurt am Main des Deutschen Archäologischen Institutes, dessen Direktor Prof. Dr. S. von Schnurbein zusammen mit dem Direktor des Archäologischen Landesmuseums Schleswig, Prof. Dr. C. von Carnap-Bornheim, für die wissenschaftliche Gesamtleitung verantwortlich zeichnete.

Während der Ausgrabungen standen besonders zwei Bereiche im Mittelpunkt des Interesses.

In der südlich des bekannten wikingerzeitlichen Gräberfeldes im Wäldchen „Kaup“ bei Wiskiauten gelegenen Fläche 2 wurde ein Objekt untersucht, daß schon im letzten Jahr durch geomagnetische Messungen erkannt und teilweise untersucht worden war (vgl. Ergebnisse 2005 - Fläche 2).

Eine weitere Ausgrabungsfläche „Fläche 4“ wurde ca. 400m nördlich des Gräberfeldes angelegt. Hier bestand der Verdacht, mit den Geomagnetikbildern Grundrisse von Pfostenhäusern erfaßt zu haben.

Beteiligt waren neben zahlreichen russische Grabungshelfern auch Angehörige und Studierende des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Christian-Albrechtsuniversität Kiel (H. Frenzel M.A., K. Kamp, L. Schlisio und T. Schroedter).

Vorläufige Ergebnisse

Gagatperle
Eine in der Region seltene Gagatperle deutet auf Fernhandelsbeziehungen hin.

Beide im Jahr 2006 untersuchten Bereiche liefern wiederum Hinweise auf einen größeren Siedlungskomplex einheimischer Bewohner, wahrscheinlich der Prussen. Die Besiedlung im Umfeld von Wiskiauten ist durch die neuen Untersuchungen bereits für das späte 8. Jh. n. Chr. nachgewiesen. Im 9. und 10. Jh. existiert anscheinend eine Ansiedlung unter Beteiligung von skandinavischen Kaufleuten, wie aus den Gräberfunden hervorgeht, eindeutige Siedlungsspuren aus dieser Zeit jedoch fehlen bisher. Nach dem Ende der eigentlichen Wikingerzeit um die Mitte des 11. Jh. n. Chr. existiert der Ort weiter und unterhält anscheinend immer noch Fernhandelsbeziehungen, was neben den skandinavischen Schiffsnieten und der byzantinischen Münze auch durch eine in der Region seltene Gagatperle (vgl. Bild) zum Ausdruck kommt.

Insgesamt drängt sich der Eindruck eines weiträumig verteilten Siedlungsgeflechtes vom 8. bis zum 12. Jh. n. Chr. auf, das zu unterschiedlichen Zeiten auf bestimmte Bereiche beschränkt ist. Die systematische Untersuchung aller Bereiche durch weitere Ausgrabungen und auch weitere geomagnetische Messungen läßt für die Zukunft spannende Ergebnisse erwarten. Sicherlich hat der Ort eine herausragende Stellung als Handelsort im einheimischen Millieu innegehabt. Seine Bedeutung wird durch die bisherigen Forschungen angedeutet.


[Zum Seitenanfang]