Ergebnisse 2010

Abb. 1: Übersicht des Fundplatzes
Abb. 2: Fläche 21B bei der Ausgrabung
Abb. 3: Pfostenbefund im Profil
Abb. 4: Geophysikalische Messungen
Abb. 5: Funde: Keramik, Glasperle, Bernstein, Fingerring, Schwertknauf

Die Ausgrabungen des Jahres 2010 fanden vom 16. Juni bis 19. August unter Beteiligung von Studierenden des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel und der Immanuel-Kant-Universität Kaliningrad statt. Sie konzentrierten sich auf den Bereich 800 m östlich des Gräberfeldes. Hier wurden bereits in den Vorjahren Siedlungsspuren der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends nach Christus lokalisiert, die im Jahr 2009 durch Ausgrabungsfläche 21A überprüft wurden (vgl. Ergebnisse 2009). Dabei kamen zwei Feuerstellen und etwa 20 Pfostenbefunde zutage, die mindestens zu einem größeren Gebäude gehören. Sowohl Fundmaterial als auch C14-Daten verweisen die Siedlungsreste in das 9. und 10. Jahrhundert.
Die Ausgrabungen des Jahres 2010 schlossen sich an den letztjährigen Grabungsschnitt 21A an und legten mit den Grabungsflächen 21B und C ein Areal von knapp 600qm frei (Abb. 1). Dabei umfasste Fläche 21B direkt nördlich der alten Fläche 21A eine Grundfläche von 50 x 20 m, von der jedoch nur zwei Drittel ausgegraben wurden (Abb. 2). Fläche 21C mit Maßen von 4,5 x 10,5 m dagegen ist als westliche Anschlussfläche zu Fläche 21A zu verstehen.

Während in Fläche 21C zwar die gleichen Kulturschichten wie im letzten Jahr dokumentiert wurden, sie aber ansonsten befundleer blieb, wurden in Fläche 21B drei Feuerstellen und etwa 30 gesicherte sowie weitere unsichere Pfostenbefunde freigelegt (Abb. 3). Sie konzentrieren sich auf einen 10 m breiten Streifen am Ostrand der Grabungsfläche, insbesondere auf deren mittleres Drittel, und gehören zu einem komplett freigelegten, einem nur halb erfassten und einem unsicheren Hausbefund. Weitere Pfostensetzungen sind durch hochauflösende geophysikalische Messungen zu vermuten, die vor der Ausgrabung stattgefunden hatten (Abb. 4). Dabei ist nach Entfernen der obersten Humusschichten die gesamte Grabungsfläche im 10 cm-Raster sowohl mit dem Georadar als auch mit geomagnetischen Messgeräten untersucht worden. Die Messbilder lassen zahlreiche kleinere Anomalien von Pfostengröße erkennen. Teilweise hat sich diese Einschätzung während der Ausgrabung bestätigt, so dass eine größere Anzahl der Anomalien als Pfostenstellung zu interpretieren ist.
Zusätzlich wurden fünf Gruben mit wenigen Keramikscherben und einigen schlecht erhaltenen Tierknochen dokumentiert, die als Abfallgruben interpretiert werden können.
Eine sehr stark durch Bioturbationen gestörte Kulturschicht mittelbrauner Farbe, die im ausgegrabenen Teil von Fläche 21B von Süd nach Nord entsprechend dem Geländerelief leicht anstieg, zog sich relativ deutlich erkennbar durch alle Profile. Sie enthielt jedoch kaum Fundmaterial. Lediglich an den Stellen, die sich auch durch eine erhöhte Befundkonzentration zu erkennen gaben, ist auch eine größere Menge an Kleinfunden geborgen worden.

Das Fundmaterial (Abb. 5) aus diesem Bereich umfasst neben zahlreichen Tierknochen, die mittlerweile in einer Diplomarbeit von S. Knorre (CAU Kiel) in Zusammenarbeit mit der Archäozoologischen Arbeitsgruppe des Archäologischen Landesmuseums Schleswig analysiert worden sind, vor allem Keramikfunde. Sie stammen fast ausnahmslos von handgefertigten Gebrauchsgefäßen. Die etwa um die Jahrtausendwende in der Region aufkommende Drehscheibenware fehlt dagegen, was als erster Hinweis auf einen Abbruch der Siedlung Anfang des 11. Jahrhunderts gewertet werden muss – in einer Zeit, in der auch das Hügelgräberfeld nicht mehr länger benutzt wird.
Auffällig ist die große Menge an Bernstein, der als Rohmaterial, oft mit Bearbeitungsspuren, aber auch in Form fertiger Perlen gefunden wurde. Diesen in der Region so häufig vorkommenden Schmuckstein schätzten auch die Skandinavier, und er gilt als wesentlicher Motor der weitreichenden Handelsbeziehungen, die die Bewohner des Samlands zu verschiedenen archäologischen Epochen unterhielten.
Als weitere Funde wurden eine Glasperle, zwei bronzene Fingerringe, Kammfragmente und zahlreiche Eisennägel geborgen. Den interessantesten Fund stellt ein Schwertknauf mit Silberauflagen dar, der ebenfalls ins 10. Jahrhundert gehört und in mehreren Bestattungen des Hügelgräberfeldes exakte Parallelen findet.
Dieser Fund weist auf Kontakte zwischen Skandinaviern und denjenigen Personen hin, die die aufgefundenen Gebäude nutzten. Ob es sich dabei um Skandinavier, die im nahegelegenen Gräberfeld ihre Toten bestatteten, oder um einheimische Prussen handelt, bleibt weiterhin unbekannt.
Die Siedlung lässt sich aufgrund der Ausgrabungen bislang auf einem Areal von 60 x 30 m nachweisen. Ihre Gesamtgröße kann aber aufgrund der Ergebnisse von zahlreichen Bohrungen und Sondagen auf mindestens 6 Hektar geschätzt werden und dürfte sich auch auf die nähere Umgebung erstreckt haben.

In der vorerst letzten Grabungskampagne im Jahr 2011 werden an dieser Stelle weitere Flächenaufdeckungen stattfinden, die den Charakter der Siedlung weiter klären sollen. Gleichzeitig sind an mehreren anderen Stellen des weitläufigen Geländes kleinere Untersuchungen geplant, da sich hier durch die Forschungen der vergangenen Jahre noch Hinweise auf zeitgleiche Siedlungsspuren ergeben haben.


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