Inmitten der bernsteinreichsten Region der Welt - dem Samland - liegt auf dem Siedlungsterritorium der frühmittelalterlichen Kultur der Prussen, die im 9.-12. Jh. hier ansässig waren, ein außergewöhnliches archäologisches Denkmal, das wikingerzeitliche Gräberfeld von Wiskiauten.
Die ortsansässigen Prussen haben ihre Toten nach der Verbrennung in großen Flachgräberfeldern beigesetzt. Nur in Wiskiauten findet sich dagegen als einziges Denkmal des Frühmittelalters in der gesamten Region ein großes Gräberfeld mit über 500 Hügelgräbern, das allein durch diesen Grabbau in der Region fremd wirkt. Auch das Fundmaterial, das einen Zeitraum zwischen der Mitte des 9. und der Mitte des 11. Jh. widerspiegelt, hat überwiegend einen nicht-prussischen Ursprung. Es handelt sich größtenteils um skandinavische Erzeugnisse, die in den Hügelgräbern von Wiskiauten ausgegraben wurden.
Schon kurz nach den ersten Ausgrabungen im Jahr 1865 etablierte sich daher die Forschungsmeinung, in diesen Hügeln seien Wikinger aus Mittelschweden, Gotland oder auch Dänemark bestattet gewesen. Diese Ansicht hat sich im Großen und Ganzen bis heute gehalten, wenngleich man neuerdings eher von einer polyethnischen Siedlungsgemeinschaft ausgeht, in der die Skandinavier nur eine Teilgruppe gebildet haben könnten.
Dennoch scheint mit diesem Gräberfeld die vermutlich dauerhafte Anwesenheit skandinavischer Krieger und Händler über einen Zeitraum von 200 Jahren belegt zu sein.
Eine solche Ansiedlung, die zeitlich kurz nach der Auflassung der 200km nördlich gelegenen Siedlung von Grobin/Seeburg in Kurland entstanden sein muss und deren Entstehung damit direkt in Zusammenhang stehen könnte, passt gut in das Bild des wikingerzeitlichen Handelsnetzwerkes rund um die Ostsee, gibt es doch mit Haithabu, Birka, Kaupang, Reric/Groß Strömkendorf, Menzlin, Wolin, Ralswiek auf Rügen oder auch Truso eine ganze Reihe ähnlicher Handelsstützpunkte, bei denen skandinavische Bevölkerungsteile eine große Rolle spielten. Der wirtschaftliche Grund einer Handelsniederlassung der Wikinger im Samland ist sicherlich in den dortigen reichen Bernsteinvorkommen zu suchen, die von jeher Motor von Wirtschaft und Entwicklung in der Region gewesen sind.
Während das Samland selbst zwar in einigen historischen Quellen genannt wird, gibt es dagegen keine direkten Hinweise auf Wiskiauten selbst, einen Namen geben diese Quellen der gesuchten Ansiedlung nicht.
Während das Gräberfeld in seinen groben Zügen erforscht wurde, fand man in fast 120 Jahren Forschung keine konkreten Hinweise auf die dazugehörige Siedlung. Erst 1979 legte der russische Forscher V. I. Kulakov erste Ergebnisse zur Siedlungsforschung vor. Dabei sah er einen Teil der Siedlung als vom Gräberfeld überlagert an (zuletzt Kulakov 2005). Zwei freigelegte Steinstrukturen wurden als Hausgrundrisse interpretiert. Zusätzlich wertete er ein Luftbild aus, das in der näheren Umgebung der Nekropole Siedlungsspuren vermuten ließ (Kulakov 1994, 82 Fig. 39).
Die Fragen zur genauen Lage der Siedlung, ihrer Gesamtausdehnung, ihrem Charakter und ihrer inneren Struktur sind jedoch durch die Testgrabungen aus dieser Zeit bei weitem noch nicht zufriedenstellend gelöst.
Aus diesem Grund wird in einem seit dem Jahr 2005 laufenden Forschungsprojekt das potentiell in Frage kommende Siedlungsareal von etwa 2km² großräumig unter Zuhilfenahme naturwissenschaftlicher Methoden in einem russisch-deutschen Gemeinschaftsprojekt untersucht.